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Der Machtkampf zwischen Muslimbrüdern und Gegnern ist erneut eskaliert. Am Nationalfeiertag soll es landesweit 51 Tote und über 240 Verletzte gegeben haben. 400 Anhänger der Bruderschaft seien festgenommen worden. Die Islamisten rufen zu weiteren Protesten gegen die Entmachtung ihres Führers Mursi auf. Die Fronten verhärten sich.
Der koptische Bischof der Provinz Al-Minya, Anba Makarios, entkam nur knapp einem Mordanschlag. Der Kirchenmann und sein Fahrer konnten, nachdem ihr Auto beschossen wurde, ins Haus eines Christen flüchten. Daraufhin feuerten die Angreifer auf das Haus. Die Polizei traf erst viel später ein. Laut IGFM markieren in derselben Gegend Islamisten immer noch die Häuser und Geschäfte von Christen mit Sprühfarbe. Sie werden dann kurz drauf angezündet.
Ein Kairoer Gericht hat entschieden, dass die Muslim Bruderschaft, wie in Mubaraks Zeiten, illegal ist. Ihr Eigentum soll beschlagnahmt werden und jegliche Tätigkeit verboten sein. Als eins ihrer Mitglieder, Mohammed Mursi, Staatspräsident wurde, war sie auf der Höhe ihrer Macht. Doch der gewalttätige Widerstand nach Mursis Sturz führte zur Verhaftung der Anführer und dem Verbot der Bruderschaft.
Ein Gericht hat die Schließung von vier Fernsehstationen angeordnet, darunter das ägyptische Studio von AlJazeera, den Sender der Muslim Brüder Ahar25 und zwei weitere islamistische Programme. Drei Journalisten des populären Katar-Senders AlJazeera wurden des Landes verwiesen.  
Die Opfer der Repression durch das Militär wird auf 1000 bis 1500 Menschen geschätzt und nimmt weiter zu. Nachdem die kritischen lokalen Medien weitgehend ausgeschaltet sind, werden auch ausländische Korrespondenten in ihrer Arbeit gehindert. Der Anführer der Muslimbrüder, Mohammed Badiew, wurde verhaftet, während Ex-Präsident Hosni Mubarak auf seine Freilassung wartet. Der zurückgetretene Viz-Präsident, Mohammed el Baradei, soll wegen Hochverrat angeklagt werden. Die neue Führung ist wenig beeindruckt von Androhungen der USA und der EU, Finanzhilfen zu streichen. Saudiarabien und Russland sind bereit, die Verluste auszugleichen, während Katar weiterhin die Muslimbrüder unterstützt.  
Der Campus der Hilfsorganisation Jesuit and Brothers Development Association (JBA) in der oberägyptischen Stadt Al-Minya wurde attackiert und weitgehend zerstört. JBA engagiert sich seit vielen Jahren in mehreren Städten Ägyptens für die Verbesserung des Bildungssystems besonders in armen städtischen Randgebieten. In den letzten fünf Tagen wurden 63 Kirchen angezündet und geplündert und fünf katholische Schulen zerstört. Viele Wohnhäuser und Geschäfte von Kopten wurden geplündert. Die Muslimbrüder machen die Christen für den Sturz Mursis verantwortlich.  
Die gewaltsame Räumung von zwei Camps der Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursis in Kairo durch die Sicherheitskräfte löste im ganzen Land tagelange gewaltsame Proteste aus, bei denen bereits Hunderte von Toten zu beklagen sind. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand. Koptische Christen werden von den Muslimbrüdern für die Entmachtung Mursi verantwortlich gemacht und duzende christliche Kirchen sollen in Flammen aufgegangen sein. Vize-Präsident Mohamed ElBaradei trat zurück. Das Ausland kritisierte die exzessive Gewalt der Polizei.  
Während die Welt auf den Tahrir Platz und Kairos Straßen schaut, wird das unendliche Leid der afrikanischen Flüchtlinge auf der Sinai-Halbinsel kaum wahrgenommen. Dort werden Tausende, meist aus Eritrea und Somalia, von Beduinen für Lösegeld gefoltert – oft während Angehörige am Telefon die Schreie mithören. Sollten keine Zahlungen kommen, gehen Torturen und Anrufe weiter. Etwa 4,000 haben nicht überlebt; ihre Leichen wurden in die Wüste geworfen. Manche sollen sogar Opfer von Organhändlern geworden sein. Im Süden des Sinai, unweit der Folterkamps, genießen derweil ahnungslose Touristen Sonne und Strand.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton durfte sich zwei Stunden mit dem abgesetzten Präsidenten Mursi an einem geheimen Ort treffen. Ihm gehe es gut; auch hätte er Zugang zu Informationen durch Fernsehen und Zeitung. Vom Übergangspräsidenten Mansur forderte Ashton Mursis Freilassung, doch die Regierung besteht auf einer Untersuchungshaft. Auch sind seine Anhänger noch zu Tausenden in Kairos Straßen und schwören, dort zu bleiben, bis Mursi wieder im Amt ist.
Trotz weit verbreiteter Gewalt konnte in Kairo eine Interim-Regierung zusammengestellt werden, die auch Frauen und Christen enthält, aber keine Islamisten. Der Militärchef el-Sissi, der Präsident Mursi stürzte, wurde Vize-Premier, behält aber seinen Posten als Verteidigungsminister. Die Muslimbrüder und die konservative al-Nur Partei weigern sich, mit der neuen Administration zusammen zu arbeiten und drohen mit weiteren pro-Mursi Protesten.

Zitat

„Wir müssen die Zeit nutzen,
um auf einen radikalen Wandel hinzuarbeiten...

Wir haben in diesen Wochen gelernt,
dass wir auf einem kranken Planeten nicht gesund leben können."

Erklärung des Jesuitenordens in Europa

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