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Trotz der verordneten Staatstrauer für die Opfer in Port Said demonstrieren wütende Ägypter gegen den Militärrat und die Sicherheitskräfte. Sie glauben, dass der blutige Tumult nicht nur von oben „ermöglicht“, sondern geheim „verursacht“ wurde. Der Militärrat wolle Chaos schaffen, um weiter an der Macht bleiben zu können. Beim Afrika-Cup wird heute in einer Schweigeminute der Opfer gedacht.
Anlässlich der ersten Sitzung des ersten frei gewählten Parlaments seit 1952 war die Atmosphäre gespannt. Da der mächtige Militärrat die Fäden noch in der Hand hält, hat das Parlament kaum Entscheidungsfähigkeit. Viele Ägypter sind enttäuscht über die verschlechterte Wirtschaftslage, die Stärke der islamistischen Parteien (73%) und den langsamen Weg zur Demokratie. Da wird auch die angekündigte Massenamnestie von 2,000 inhaftierten Demonstranten zum Jahrestag der Revolution am 25. Januar nicht viel ändern.
Mohamed ElBaradei hat sich von der Präsidentschaftswahl zurückgezogen, weil er glaubt, dass die fragwürdige Politik des Militärrats eine faire Wahl unmöglich mache. Manche vermuten, dass die islamistische Übermacht in den Parlamentswahlen ihn abhält. ElBaradei war der Hoffnungsträger der Liberalen, Säkularen und Intellektuellen. Nun will er der Demokratie in Ägypten dienen ohne ein Amt zu bekleiden.
Tausende Frauen protestierten auf dem Tahrir Platz gegen die entwürdigende Gewalt der Sicherheitskräfte gegen demonstrierende Frauen. US-Außenministerin Hilary Clinton kritisierte das Verhalten der Soldaten als eine Entehrung der Revolution und eine Schande für den Staat. Der herrschende Militärrat entschuldigte sich offiziell.  
Während Ägypten die zweite Runde der Etappenwahl angefangen hat, wird es immer klarer, dass die Islamisten (Bart) die stärkste Gruppe und die Säkularisten (Kopf) eine kleine Minderheit sein werden. Die Christen sind besorgt, doch reagieren sie „mit Vertrauen und Gelassenheit“. Die Drohung der salafistischen Politiker, dass Christen die alte Sondersteuer „Jizya“ zahlen oder das Land verlassen müssen, lehnen sie „bis zum Martyrium“ ab. Catherine Ashton, Chefin der EU-Außenpolitik, erklärte, dass EU Hilfe an Ägypten von echter Religionsfreiheit abhängt.
Für dieses Ideal stehen 40 Millionen Ägypter ab heute Schlange, um ihre Stimme abzugeben. Trotz der jüngsten Gewalt hoffen sie immer noch auf ein liberales, zivilisiertes Land. Eine Verschiebung der Wahl hatte der Militärrat entschieden abgelehnt. Man vermutet, dass die unter Mubarak verbotenen Muslimbrüder gut abschneiden könnten. Als Wahlauftakt hatten Saboteure in der Nacht vor Wahlbeginn eine Gas-Pipeline auf der Sinai Halbinsel gesprengt.
Eine Woche vor Beginn der Parlamentswahl fordern viele misstrauische Bürger vehement, dass der amtierende Militärrat zurücktreten soll. Seit Freitag halten die Krawalle an, auch in Alexandria und Suez. Bis jetzt gab es 20 Tote und hunderte Verletzte.
Ägypten will für Freitag den 11.11. die Cheops-Pyramide von Gizeh nicht zugänglich machen, angeblich wegen Reparaturen, in Wirklichkeit aber wegen dem Gerücht, dass eine verdächtige Gruppe an diesem magischen Datum 11.11.11 dort seltsame Rituale abhalten wollte.
In den schwersten Auseinandersetzungen seit dem Sturz von Präsident Mubarak starben über 20 Menschen; 200 wurden verletzt. Was als friedliche Demonstration gegen den Brandanschlag auf eine koptische Kirche anfing, wurde zur Straßenschlacht. Immer mehr Kopten verlassen das Land, getrieben von der gravierenden Diskriminierung und der Befürchtung, dass es bei den Wahlen im November eine islamistische Regierung geben könnte. Liberale Parteien und eine koptische Vertretung hätten kaum eine Chance. Diese letzte Gewalt ist ein schwerer Rückschlag für Ägyptens angestrebten Übergang zu einer Zivilregierung.
Der Dachverband ägyptischer Menschenrechtsverbände berichtet, dass seit März etwa 100,000 vor allem koptische Christen das Land verlassen haben. Wachsende interreligiöse Spannungen und Angriffe von islamistischen Salafiten seien der Grund für den Exodus. Als am vergangenen Freitag der Rohbau der koptischen Georgskirche im südägyptischen Edfu in Brand gesteckt wurde, griffen Sicherheitskräfte nicht ein und hinderten die Feuerwehr daran, den Brand zu löschen. Von den Medien wurde der Vorfall geleugnet oder runter gespielt.

Zitat

„Wir müssen die Zeit nutzen,
um auf einen radikalen Wandel hinzuarbeiten...

Wir haben in diesen Wochen gelernt,
dass wir auf einem kranken Planeten nicht gesund leben können."

Erklärung des Jesuitenordens in Europa

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